Bekenntnisse eines Nerds aus den Siebzigern 🤓🤩
Wie war das in den frühen Siebzigern? Gab es bereits so etwas wie eine Comic Community? Nicht dass ich wüsste, zumindest bestimmt nicht in meinem Umfeld. In Zürich, wo ich aufwuchs und auch zur Schule ging, war das Lesen von Comics keine besonders beliebte Freizeitbeschäftigung. Natürlich waren Comics unter Kindern bekannt, sie hatten jedoch keine Priorität.
Die Geburt eines Nerds
Wenn man es mit heute vergleicht, waren Nerds eine seltene Spezies. Der Begriff existierte noch gar nicht. Ich glaube auch nicht, dass es bei uns in der Schweiz ein bestimmtes Wort gab, das man mit dem heutigen Nerd gleichsetzen könnte. Wir Comicsammler waren schlicht und einfach tolerierte Sonderlinge.
Man darf nicht vergessen, dass die „normale“ Freizeitbeschäftigung eines Zwölfjährigen in den Siebziger Jahren darin bestand, draussen zu spielen und sich im Freien abzureagieren. Wir waren alle viel mehr in der Natur an der frischen Luft, als spätere Generationen. Wir kletterten auf Bäume, fielen auch mal runter, prügelten uns, holten uns blaue Flecken und blutige Schrammen, frassen Dreck und spielten in Wald Cowboys & Indianer.
Aber neben diesen „normalen“ Tätigkeiten lasen wir auch sehr viel – und manche von uns eben mehr als andere. Ich gehörte zu dieser Minderheit und war das, was damals allgemein als Bücherwurm galt. Ich las wirklich sehr viel und oft, und ausser Büchern natürlich jede Menge Comics. Das allein stempelte mich noch nicht unbedingt zum Sonderling, aber ich sammelte die Comics zu allem Überfluss auch noch! Ich behandelte sie sorgfältig und bewahrte sie auf.
Der kleine aber entscheidende Unterschied
Das war das Entscheidende, das mich von anderen Kindern meiner Umgebung, die auch Comics lasen, unterschied. Während sie die Hefte lasen und danach achtlos weglegten, bewahrte ich sie bewusst auf und mutierte somit unbewusst zum Sammler.
Weil in jenen Tagen Comics allgemein als bedeutungslose Eintagsfliegen und Wegwerfware galten, war ich der Ausnahmefall unter den Konsumenten. Und dieser kleine aber bedeutende Unterschied war es letztlich, der mich von anderen Kindern abhob. Ausser meinem Bruder und meinem besten Freund sammelte niemand Comics, den ich kannte.
Wir wurden zwar nicht diskriminiert, weil wir in den Comics mehr als blosse Wegwerfware zum einmaligen Gebrauch sahen, aber mehr als eine gleichgültige Toleranz brachten uns Gleichaltrige nicht entgegen. Unter vielen Erwachsenen war ausserdem die Meinung weit verbreitet, Comics seien nichts als Volksverblödung.
Und so verblödete ich gemütlich Jahr für Jahr und sammelte auch dann noch Comics, als ich aus den kurzen Hosen längst herausgewachsen war. Vielleicht fühle ich mich heute, mit inzwischen gestandenen 5×12 Jahren, deshalb immer noch so, als wäre ich bloss 1×12.
Hättet Ihr gedacht, dass die volksverblödenden Comics mir gleich zwei Sprachen (deutsch und englisch) nahe brachten und meinen Wortschatz und mein Sprachverständnis enorm erweiterten?
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