Jagdausflüge in den Neunzigern 🤠🦉📗
Steigen wir in unsere virtuelle Zeitmaschine und fahren gut 25 Jahre in die Vergangenheit, in die erste Hälfte der Neunziger Jahre. Das Internet ist noch nicht am Horizont der Wahrnehmung der Allgemeinheit aufgetaucht und fristet als Arpanet ein ziemlich exklusives Akademiker Dasein.
Old Times
Es ist das letzte Jahrzehnt, das noch zu seinem Beginn physische Daten auf Papier als selbstverständlich sieht. Nach seinem Ausklingen beginnt nicht nur ein neues Jahrtausend, sondern das unumschränkte digitale Zeitalter. Papier wird obsolet. Oder zumindest glauben das viele.
Und dennoch. Papier ist Kult. Papier ist schön. Es fühlt sich gut an, es riecht gut, und es lässt sich mit allem bedrucken, was man sich nur vorstellen kann, ohne sich zu beklagen. Nicht umsonst heisst es, dass Papier geduldig sei.
In den ausklingenden Achtzigern und frühen Neunzigern unternahm ich regelmässige Streifzüge durch meine Heimatstadt Zürich, stets auf der Suche nach schönen Dingen aus Papier, um sie dann in meine Bibliothek einzugliedern. Meist begleitete mich bei diesen enthusiastischen Antiquariatsbesuchen – Jagdausflüge auf Bücher trifft es wohl eher – mein Bruder. Ja, derselbe findige kleine Bruder, der 1974 dafür sorgte, dass wir uns King Kong in aller Ruhe am TV anschauen konnten.
Papierliebe
Wir teilten uns die Liebe zu Büchern, auch wenn die Themen unterschiedlich waren. An fast allen Samstagen fand das gleiche Ritual statt: Ich versuchte meinen Bruder zu wecken, indem ich an seiner Wohnungstür Sturm läutete. Kein Wecker hatte je eine Chance, seinen todesähnlichen Schlaf zu stören.
Wenn ich es dann geschafft hatte, ihn aus dem Bett zu holen – was mir in seltenen Fällen tatsächlich nicht gelang – ging es nach reichlich Morgenkaffee los. Wir streiften durch Zürich und besuchten die Buchantiquariate, die uns vielversprechend erschienen. Wir waren geübt und wussten, wo wir hingehen mussten – und welche Antiquariate eher uninteressant für uns waren.
Einen Plan, Suchlisten oder andere Dinge brauchten wir dabei nicht. Es ging ums Stöbern und das Gefühl des Moments, wenn wir dann auf einen ganz persönlichen Heiligen Gral stiessen. Wir haben in diesen Jahren viele Kilometer zwischen Bücherregalen zurückgelegt und so manchen Laufmeter an Büchern nach Hause geschleppt. Von den Unsummen, die wir in all den Jahren ausgegeben haben, will ich gar nicht reden.
Es war gut so. Heute haben solche Jagdausflüge Seltenheitswert. Es gibt kaum noch interessante Antiquariate, und die ganz wenigen Papierschätze, die ich in seltenen Fällen meiner Bibliothek hinzufüge, muss ich zu meiner Schande eingestehen, kaufe ich online …
Eines meiner kostbarsten Bücher, Robert E. Howards SKULL FACE AND OTHERS aus dem Jahr 1946, liess ich mir aus den USA nach Hause schicken.
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