Comic Stil Hypothese ✏️

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Comic Stil Hypothese ✏️

Comic Stil Hypothese

Comiczeichner haben unterschiedliche Stile, die ihre Geschichten prägen und in uns als Comicleser oft einen Wiedererkennungseffekt auslösen. Relistisch, skurril, abgefahren, dynamisch, schräg oder auch gewöhnlich langweilig. Das alles kann einen Zeichenstil repräsentieren. Gemäss einer Hypothese von Bob Parsons, veröffentlicht im Comics Journal #43 vom Dezember 1983, orientiert sich jeder Comic Zeichner (bewusst oder unbewusst) an drei Richtlinien.

  • R ealismus, die Umsetzung der dreidimensionalen Realität in zweidimensionale Zeichnungen.
  • D ekoration, die Ausschmückung und Ästhetik der Zeichnungen wie Technik, Komposition, Layout, etc.
  • E xpression, die Verzerrung, Entfremdung und Übertreibung der Zeichnungen.

Jeder Comiczeichner kann nach diesen 3 Kriterien relativ einfach “gemessen” werden, je nach Prioritäten, die er diesen Kriterien beimisst, wobei das nicht unbedingt bewusst geschehen muss. Hier spielen Talent, Intuition, Schulung und Erfahrung eine Rolle.

Jack Kirby ist zum Beispiel ein typischer EDR, bei ihm überwiegt das expressive Element eindeutig. Die Bewegung bestimmt immer die Anatomie und nicht umgekehrt. Dabei ist es Kirby vollkommen egal, wieviel Gelenke er dafür auskugeln, wieviele neue Muskelgruppen er der menschlichen Anatomie zufügen muss. An zweiter Stelle kommt bei ihm das dekorative Element, das in technischen und biotechnischen Maschinen und Halbmaschinen intensiven Ausdruck findet. Erst ganz zum Schluss interessiert Kirby das realistische Element. Wenn überhaupt.

jack kirbys stil
Jack Kirbys Black Panther von Marvel Comics

Wenn Jack Kirbys Bleistiftzeichnungen nun von jemandem getuscht werden, der ebenfalls ein typischer EDR Comiczeichner ist, dann ist das Resultat in perfekter Harmonie und wirkt im fertigen Comic auch so auf den Betrachter, auch wenn diesem nicht so richtig klar ist, wieso. Joe Sinnott und Mike Royer sind solche Künstler, die Kirby jahrelang perfekt getuscht haben. Genauso kommt es aber auch vor, dass z.B. ein RDE Künstler einen Kirby durch seine Tusche eher verschlechert und den typischen Kirby Stil verwässert. Vince Colletta zum Beispiel.

Letztendlich läuft es darauf hinaus, dass alle sogenannten Dream Teams der Comicgeschichte, also Bleistiftzeichner/Tuscher, sich aus Künstlern rekrutieren, die gemäss dieser Hypothese synchron “schwingen”. Rich Buckler/Klaus Janson, Frank Miller/Klaus Janson, Neal Adams/Tom Palmer, Gene Colan/Tom Palmer, Jack Kirby/Joe Sinnott, um nur einige zu nennen. Als Comicleser erkannte ich schon immer intuitiv, wenn ich so ein Dream Team vor mir hatte, lange bevor jemand den Begriff prägte. Ich wusste nicht wieso. Die Zeichnungen waren einfach harmonisch. Genauso sträubte sich mein Sinn für Ästhetik, wenn ich Comics eines beliebten Zeichners sah, der von einem anderen kaputt getuscht worden war.

Mit dieser relativ einfachen Theorie lässt sich vieles erklären, das früher von mir nur intuitiv wahrgenommen wurde. Und es erklärt auch, weshalb manche Comics weniger erfolgreich sind als andere. Deshalb: Danke, Bob Parsons!

Heute sind solche Betrachtungen eher in den Hintergrund getreten, weil die Digitalisierung auch vor den Comics nicht halt gemacht hat. Die meisten Comiczeichner entwerfen ihre Geschichten digital und tuschen sie auch digital mit entsprechenden Programmen. Für alle Comics aber, die aus dem letzten Jahrhundert stammen, lässt sich diese Hypothese bestens anwenden.

Wusstet Ihr, dass Jack Kirby nur in den seltensten Fällen seine eigenen Comics getuscht hat? Nachdem er mit einer Geschichte in Bleistift fertig war, ging er zum nächsten Projekt über und sah in den meisten Fällen das fertige Produkt (Comic) nie.

Captain Collectors subtile Superheldentrivia

Captain Collector

 

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